Oberverwaltungsgericht NRW vom 18.3.2005 – 12 B 1931/04 (Berufsfreiheit, Vergaberecht)

(I. Instanz: VG Münster – 9 L 970/04)

In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren …, Antragsteller gegen …, Antragsgegner, wegen Kinder- und Jugendhilferechts – Vergabe sozialpädagogischer Familienhilfe an Träger der freien Jugendhilfe; hier: Beschwerde im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen am 18. März 2005 auf die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster vom 18. August 2004 beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet. Die dargelegten Beschwerdegründe (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigen keine Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Der Senat folgt in Anlehnung an seine Entscheidungen zu Vereinbarungen nach §93 Abs. 2 BSHG (vgl. Beschlüsse vom 27. September 2004 – 12 B 1397/04 – und -12 B 1390/04-) der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass der Antragsgegner mit der Ausschreibung des – als Dienstleistungskonzession, die dem Vergaberechtsregime nicht unterfällt, zu charakterisierenden – Rahmenvertrags für Leistungen nach § 31 SGB VIII (vgl. zur rechtlichen Einordnung: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. September 2004 – VII – Verg 44/04-) wegen der vorgesehenen Ausschließlichkeitszusage den Anspruch der Antragsteller auf pflichtgemäße Ermessensentscheidung über den Abschluss einer Vereinbarung nach § 77 SGB VIII verletzt. Solche Vereinbarungen bilden eine Form der in § 17 Abs. 3 Satz 1 und 2, § 27 Abs. 2 Halbsatz 2 SGB I, §§ 3 und 4 SGB VIII näher geregelten (institutionellen) Zusammenarbeit zwischen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe und Trägern der freien Jugendhilfe. Vor diesem Hintergrund muss bei der Entscheidung, ob und mit welchem Inhalt eine Vereinbarung nach § 77 SGB VIII abgeschlossen wird, regelmäßig auch das Grundrecht der als Leistungserbringer in Betracht kommenden Träger der freien Jugendhilfe auf Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) Beachtung finden. In dieses Grundrecht würde durch die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen mit einer Ausschließlichkeitszusage zu Gunsten nur einiger Anbieter rechtswidrig eingegriffen. Die Annahme eines Eingriffs in das Grundrecht der Berufsausübung setzt nicht zwingend voraus, dass eine Beeinträchtigung der Berufsausübung bezweckt ist. Ein Eingriff in den Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit liegt vielmehr schon dann vor, wenn das betreffende hoheitliche Handeln auf Grund seiner tatsächlichen Auswirkungen die Berufsfreiheit lediglich mittelbar beeinträchtigt und insoweit eine deutlich erkennbare berufsregelnde Tendenz oder eine voraussehbare und in Kauf genommene schwerwiegende Beeinträchtigung der beruflichen Betätigungsfreiheit zur Folge hat. Davon ist u.a. auszugehen, wenn durch hoheitliches Handeln der Wettbewerb beeinflusst wird und Konkurrenten deutlich benachteiligt werden (Vgl. insoweit zur Sozialraumbudgetierung durch sog. Kooperations- und regionale Versorgungsverträge: OVG Hamburg, Beschluss vom 10. November 2004 – 4 Bs 388/04 -, JAmt 2004, 592 m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Eine Wettbewerbsbenachteiligung liegt vor, wenn der Antragsgegner, dem kraft gesetzlicher Konstruktion in seinem Zuständigkeitsbereich eine MonopolsteIlung zukommt (vgl. zum Gesichtspunkt der MonopolsteIlung etwa: Neumann/Nielandt/Philipp, Rechtsgutachten zur Erbringung von Sozialleistungen nach Vergaberecht, S. 13 f. mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes), eine Dienstleistungskonzession – wie hier – mit der Maßgabe ausschreibt, dass in einer den hilfesuchenden Familien zur Verfügung gestellten Informationsschrift (nur) die zur Verfügung stehenden Konzessionsnehmer als die, aus denen die Familien auswählen können, vorstellt und sich zur Erstattung grundsätzlich auch nur solcher Kosten verpflichtet, die von einem der vier Konzessionsnehmer erbracht werden. Der damit bewirkte Ausschluss der Antragsteller von der Kostenerstattung ist nicht durch das Vergaberecht nach §§ 97 ff GWB legitimiert, weil es vorliegend – wie eingangs aufgezeigt- um eine Dienstleistungskonzession und nicht einen öffentlichen Auftrag (§ 99 GWB) geht. Er ist auch nicht anderweitig gesetzlich gerechtfertigt (Vgl. zum ähnlichen Fall regionaler Versorgungs- und Kooperationsverträge: OVG Hamburg, Beschluss vom 10. November 2004 a.a.O. m. w. N., zur Bindung durch Kooperationsverträge auch: VG Berlin, Beschluss vom 19. Oktober 2004 -18 A 404.04 – ju-ris).

Namentlich steht das Wunsch- und Wahlrecht des Hilfeempfängers nach § 5 Abs. 1 SGB VIII als objektiver Rechtssatz einer Vorverlagerung der Wettbewerbssituation dergestalt entgegen, dass zwischen den Leistungsangeboten der als Leistungserbringer in Frage kommenden Träger der freien Jugendhilfe von dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe bereits im Voraus losgelöst vom konkreten Hilfefall eine Auswahl nach eigenen Kriterien getroffen wird und sich der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Einhaltung seiner Auswahl durch den begrenzten Nachweis nur der von ihm lizensierten Leistungserbringer verpflichtet. Die Ausschreibung, wie sie der Antragsgegner vorgenommen hat, dient nicht lediglich dem Ausschluss derjenigen Träger der freien Jugendhilfe, die unter Berücksichtigung der Grundsätze der Leistungsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erbringung der Leistungen nicht geeignet sind, sondern zielt faktisch auf eine Vorauswahl unter durchweg geeigneten Leistungsanbietern ab. Den dabei im Vordergrund stehenden Kostengesichtspunkt will der Gesetzgeber erst nach Maßgabe von § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII bei der Entscheidung über die Wahl des Leistungsberechtigten berücksichtigt sehen. Bei bereits im Vergabeverfahren ermittelten Leistungserbringern kann dem Wunsch- und Wahlrecht des Hilfeempfängers demgemäß nicht mehr Rechnung getragen werden (vgl. auch das Gutachten des Deutschen Vereins vom 10. Februar 2004 – G 06/04 – NDV 2004, 141 unter I. 6.; dazu, dass ein Vergabeverfahren auf die Verwirklichung der Vielfalt des Angebotes ausgerichtet sein muss, auch: Mrozynski: Die Vergabe öffentlicher Aufträge und das Sozialrecht, in: ZFSH/SGB 2004, 451 (454 f.)).

Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen kommt es nicht darauf an, ob ein Jugendhilfeleistungen betreffendes Vergabeverfahren als solches oder jedenfalls das hier durchgeführte Vergabeverfahren aus strukturellen Gründen – etwa wegen § 4 Abs. 2 SGB VIII oder § 79 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII- auch darüber hinaus rechtlich unzulässig ist (vgl. einerseits Hermanns/Ludemann: „Neue Partnerschaft“ zwischen Wohlfahrtsverbänden und staatlichen Kostenträgern in der Jugend- und Sozialhilfe? in: Sozialrecht aktuell 2.003, 219; andererseits Mrozynski, a.a.O.).

Aus diesem Grund braucht der Senat auch nicht darüber zu entscheiden, ob die Antragsteller dem konkreten Vergabeverfahren auch gesondert eine Verletzung des Prinzips der Pluralität (vgl. § 3 Abs. 1 SGB VIII), eine mangelnde Beachtung der Konfession der Hilfesuchenden (§ 9 Nr. 1 SGB VIII), die mangelnde Einhaltung in § 78c Abs. 2 und § 78d Abs. 3 SGB VIII niedergelegter Prinzipien oder den Verstoß gegen vergaberechtliche Grundsätze entgegenhalten können. Soweit sich der Antragsgegner gegen diese Argumente zur Wehr setzt, geht das ebenso ins Leere, wie seine Ausführungen zur Ausübung des Ermessens bei der Entscheidung über den Antrag der Antragsteller zum Abschluss einer Vereinbarung im Rahmen des strittigen Vergabeverfahrens und zu den Unterschieden zwischen einer Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG und der nach § 77 SGB VIII.

Das Beschwerdevorbringen vermag nicht das vom Verwaltungsgericht angenommene Vorliegen eines Anordnungsgrundes ernstlich in Frage zu stellen. Die Antragsteller können schon aus arbeitsrechtlichen Gründen nicht auf eine Umsetzung ihres Personals auf andere rechtlich und wirtschaftlich selbständige Träger der freien Jugendhilfe innerhalb des Deutschen Caritasverbandes verwiesen werden und müssten deshalb überwiegender Wahrscheinlichkeit nach einen erheblichen Überhang an Personal drei Jahre lang finanzieren; dies ist weder zumutbar noch wirtschaftlich tragbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO.

Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Grundlage des o.g. Verfahrens war der folgende Beschluss:

Beschluss OVG Münster vom 30.03.2005 – 12 B 2444/04

 

(Vorinstanz: 9 L 1337/04 Münster) 

In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren Bietergemeinschaft…, Antragsteller, gegen den Kreis …, Antragsgegner, Beigeladener: Landschaftsverband Westfalen-Lippe … wegen Kinder- und Jugendhilferechts – Vereinbarung gemäß § 77 SGB VIII; hier:

 

Beschwerde im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen am 30. März 2005 auf die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster vom 28. Oktober 2004 beschlossen:

 

Dem Antragsgegner wird unter Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses untersagt, Verhandlungen und/oder Vereinbarungen nach § 77 SGB VIII über Jugendhilfeleistungen für den Bereich des Kreises … nach § 31 SGB VIII (sozialpädägogische Familienhilfe) mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Jugendheim …) zu führen bzw. abzuschließen, bis das erstinstanzliche Verfahren der von den Antragstellern binnen eines Monats nach rechtskräftigem Abschluss des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens zu erhebenden Klage zur Hauptsache abgeschlossen ist.

 

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden; die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

 

 

 

Gründe:

 

Die Beschwerde ist begründet. Die dargelegten Beschwerdegründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigen die im Beschlusstenor ausgesprochene Änderung des angefochtenen Beschlusses. Der Antrag der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist begründet.

 

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist für die begehrte – zeitweilige -Vorwegnahme der Hauptsache ein Anordnungsgrund i.S.d. § 123 VwGO glaubhaft gemacht. Der vom Antragsgegner in Aussicht genommene Abschluss einer Vereinbarung zwischen ihm und dem Beigeladenen über die Leistung von sozialpädagogischer Familienhilfe durch das vom Beigeladenen als Eigenbetrieb geführte Jugendheim … würde die Antragsteller von den durch den Eigenbetrieb geleisteten Hilfen dauerhaft ausschließen. Die damit bewirkte Beschränkung des bisherigen Tätigkeitsfeldes der Antragsteller würde zu einem teilweisen Personalüberhang im Bereich der sozialpädagogischen Familienhilfe führen, dessen Hinnahme den Antragstellern mit Blick auf deren ohnehin mit knapper Finanzausstattung zu gewährleistende Aufgabenerfüllung auch für einen vorübergehenden Zeitraum nicht zugemutet werden kann.

 

Die Antragsteller haben ebenfalls einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ein subjektiv-öffentlicher Unterlassungsanspruch der Antragsteller folgt aus Art 12 Abs. 1 GG i.V.m. der zugunsten der Träger der freien Jugendhilfe wirkenden Funktionsschutzbestimmung des § 4 Abs. 2 SGB VIII. Die Berufsausübung der freien Träger der Jugendhilfe wird durch § 4 Abs. 2 SGB VIII in der Weise gesichert, dass, soweit geeignete Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können, die öffentliche Jugendhilfe von eigenen Maßnahmen absehen soll.

 

Zwar formuliert § 4 Abs. 2 SGB VIII keinen allgemeinen Nachrang der öffentlichen Jugendhilfe in dem Sinne, dass sie gegenüber den Interessen der freien Jugendhilfe schlechthin zurückgesetzt und nur nachgeordnet gefördert werden soll (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 25. März 1998 – 4 L 3057/96 -, NVwZ-RR 1999,127). Wie die Entstehungsgeschichte bestätigt, will § 4 Abs. 2 SGB VIII (lediglich) die Vorgängervorschrift des § 5 Abs. 3 Satz 2 JWG in der Bedeutung weiterführen, die ihr das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 18. Juli 1967 – 2 BvF 3/62 u.a. – (BVerfGE 22, 180) beigemessen hat (vgl. BT-Drs. 11/5948 S.1G ff). Das Bundesverfassungsgericht hat der Regelung des § 5 Abs. 3 Satz 2 JWG maßgeblich die Bedeutung beigemessen, eine “vernünftige Aufgabenverteilung” und eine möglichst wirtschaftliche Verwendung der zur Verfügung stehenden öffentlichen und privaten Mittel sicher zu stellen. Es hat dabei u.a. ausgeführt: “… Es kann aber nicht angenommen werden, dass ein Gesetz, das öffentliche und private Jugendhilfe zu sinnvoller Zusammenarbeit zusammenführen will, die Gemeinden- und Gemeindenverbände als Träger der Jugendämter durch die Vorschrift des § 5 Abs. 3 Satz 2 JWG zwingen will, bereits vorhandene öffentliche Einrichtungen zu schließen. Wo geeignete Einrichtungen der Jugendämter ausreichend zur Verfügung stehen, kann von ihnen weder eine Förderung neuer Einrichtungen der Träger der freien Jugendhilfe verlangt werden, noch eine Schließung bereits vorhandener öffentlicher Einrichtungen zugunsten freier Einrichtungen, die erst noch geschaffen werden müssten. Derselbe Grundsatz des sinnvollen Einsatzes finanzieller Mittel und der Zusammenarbeit verbietet es aber auch, von den Gemeinden zu verlangen, dass sie von einem mit bescheidenen Mitteln möglichen Ausbau vorhandener eigener Einrichtungen absehen und statt dessen mit erheblich höherem Aufwand die Schaffung neuer Einrichtungen der freien Jugendhilfe fördern. Umgekehrt soll das Jugendamt dort, wo geeignete Einrichtungen der Träger der freien Jugendhilfe bereits vorhanden sind, die schon allein gewährleisten, dass die für die Wohlfahrt der Jugend erforderlichen Einrichtungen ausreichend zur Verfügung stehen, keine Mittel für die Schaffung eigener Einrichtungen einsetzen, sondern vielmehr seine Mittel für die Förderung der freien Einrichtungen verwenden…” (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 1967-2 BvF 3/62 u.a.-, BVerfGE 22, 18Off. (S. 201)).

 

Wenn damit auch kein genereller Vorrang der Träger der freien Jugendhilfe und ihrer Einrichtungen verbunden ist, ergibt sich hieraus nicht nur ein unverbindlicher Programmsatz, sondern im Einzelfall jedenfalls dann ein Vorrang, wenn

 

1.      geeignete Einrichtungen der Träger der freien Jugendhilfe bereits vorhanden sind, die schon allein gewährleisten, dass die für die Jugendhilfe erforderlichen Einrichtungen ausreichend zur. Verfügung stehen

 

und darüber hinaus nach dem Grundsatz des sinnvollen Einsatzes finanzieller Mittel nicht zu befürchten ist, dass

 

2.      die Einrichtungen der Träger der öffentlichen Jugendhilfe schließen müssten, wenn sie die jeweiligen Hilfeleistungen nicht anbieten können.

 

 

 

Die unter Nr. 1 aufgeführte Voraussetzung ist hier gegeben. Die Antragsteller haben glaubhaft gemacht, dass ihre Einrichtungen – neben den anderen Einrichtungen von weiteren Trägern der freien Jugendhilfe – die sozialpädagogische Familienhilfe im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners bereits vor der seitens des Beigeladenen geplanten Erweiterung des Hilfeangebots seines Eigenbetriebes in ausreichendem Umfang gewährleistet haben. Der Ausschlusstatbestand der Nr. 2 greift nicht ein. Weder der Antragsgegner noch der Beigeladene haben geltend gemacht, dass die wirtschaftliche Existenz des Eigenbetriebs des Beigeladenen von der geplanten – und unstreitigen – Erweiterung des bisherigen Tätigkeitsfeldes abhängt. Soweit der Beigeladene darauf hinweist, die Antragsteller strebten eine Vereinbarung mit dem Antragsgegner über die vollen Kosten für die Durchführung der Maßnahme an, so dass selbst die Schaffung eines eigenen Dienstes durch den Antragsgegner nicht gegen § 4 Abs. 2 SGB VIII verstoßen würde und erst recht eine Vereinbarung des Antragsgegners mit seinem Eigenbetrieb diese Norm nicht verletze, zumal sich die Beauftragung seines Eigenbetriebs als wirtschaftlich günstiger darstelle, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung.

 

Bei dieser, durch ein Zitat von Wiesner in Wiesner/Mörsberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII, 2. Auflage 2001, § 4 Ra 28, gestützten Stellungnahme wird schon verkannt, dass es nicht Aufgabe der Träger der freien Jugendhilfe ist, die Hilfemaßnahmen ganz oder zum Teil aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Sinn der Vorschrift soll es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gerade sein, die vorhandenen (privaten) und öffentlichen Mittel wirtschaftlich und sinnvoll einzusetzen, also bei der Eignung eines Projekts eines anerkannten Trägers der freien Jugendhilfe gerade ihm öffentliche Mittel zukommen zu lassen. Wollte man für die Funktionssperre der öffentlichen Jugendhilfe eine private Finanzierung zur Voraussetzung machen, so bliebe angesichts des engen finanziellen Handlungsspielraums der freien Jugendhilfe der mit der Vorschrift bezweckte Funktionsschutz regelmäßig wirkungslos (vgl. Wiesner, a.a.O., § 4 Rdn, 27).

 

Bei einem Wirtschaftlichkeitsvergleich kann daher der Gesichtspunkt fehlender Eigenfinanzierung nicht zu Lasten der Träger der freien Jugendhilfe berücksichtigt werden.

 

Die Verpflichtung der Antragsteller zur Klageerhebung binnen eines Monats nach rechtskräftigem Abschluss dieses einstweiligen Rechtsschutzverfahrens folgt aus § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 926 ZPO, die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 188 Satz 2 VwGO.

 

Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.