Aufgezeigt wird der Prozess einer langfristigen Brandenburger „Offensive“ zur Qualitätsentwicklung in der Arbeit der Allgemeinen Sozialen Dienste der Jugendämter im Land. Die Fragestellungen was entwickelt werden sollte und was letztendlich wirklich entwickelt werden konnte bilden dabei bewusst einen Spannungsbogen. Dies wird absichtsvoll sowohl im Kontext von „Stolpersteinen“ als auch von Zahlen, Daten und Ergebnissen präsentiert. Mit Blick auf das, was übertragbar erscheint, soll deutlich gemacht werden, dass es nicht um den Nachvollzug der konkret erreichten Ergebnisse geht, sondern eher um das dahinter Liegende: Partizipation als Teil der Arbeitskultur, strategische Kompetenzentwicklung, berufliche Identifikation, ein zielantizipatierender Diskurs, aktive und mutige Konzipierung von Veränderung, planvolle Steuerung und/oder eine durch die eigentlichen Akteure gewollte und gesicherte Nachhaltigkeit. Nachahmenswerte Prozesselemente, die getragen von einem (fach)politischen Willen ohne Halbzeitwert auch anderenorts zu gewünschten Ergebnissen führen werden.
Was soll entwickelt werden?
Qualität ist die Beschaffenheit einer … Dienstleistung nach ihren Unterscheidungsmerkmalen gegenüber anderen … Dienstleistungen, nach ihren Vorzügen oder auch Fehlern. Qualität bringt so eine Abstufung des Eignungswertes gleichartiger Dienstleistungen für die Befriedigung bestimmter Bedürfnisse zum Ausdruck und ist insoweit sowohl in ihrer Äußerung durch die Nutzer/innen ein Dienstleistung bedürfnisorientiert. In der Hilfegewährungspraxis im Rahmen von Jugendhilfe wird diese zudem durch die Fachkräfte im fachlichen und politischen Sinne subjektiv mitbestimmt[1].
Qualitätskriterien für die Arbeit des Allgemeinen Sozialen Dienstes des Jugendamtes aus diesem Verständnis heraus sind u.a. seine:
- Dienstleistungsorientierung und diesbezüglich den gesetzlichen Auftrag zu erfüllen indem Kinder und Familien zu fördern, zu beraten aber auch zu schützen sind,
- Orientierung am gesetzlichen Wächterauftrag zur Sicherung des Kindeswohls (Verhinderung und Abwendung von Kindeswohlgefährdung) und diesbezüglich fachlich-methodisch möglichst wenig folgenschwere Fehler zu machen,
- Ergebnisorientierung bzw. Effizienz, sprich damit Wirtschaftlichkeit und diesbezüglich gesellschaftliche Normalität im Bereich der Versorgung und Erziehung von jungen Menschen sicherzustellen.[2]
Woran soll sich aber nun Qualität sozialer Arbeit des ASD bei der Umsetzung des gesetzlichen Auftrages zwischen Wächteramt und Dienstleister primär orientieren? Etwas pointiert:
- an den Erwartungen und Bedürfnissen der Leistungsberechtigten und Leistungsempfänger/innen,
- am fachlich vereinbarten und definierten Bedarf und den daraus abgeleiteten Standards bzw. Leitlinien sowie in deren Umsetzung an den Handlungs- und Entscheidungsstrukturen der Fachkräfte,
- an den kommunalpolitischen Programmatiken oder fiskalischen Schwerpunktsetzung der Politik und den damit verbundenen Erwartungen von Steuerzahler/innen nach Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung?
Für die Qualitätsentwicklung in der Arbeit des ASD sind hier sowohl fachliche als auch politische Akzentuierungen als Ausgangspunkt erforderlich.
Wie soll entwickelt werden?
Qualitätsentwicklung in der Arbeit des ASD ist nicht nur durch das definierte Ziel gekennzeichnet sondern ebenfalls und in gleicher Weise durch die Gestaltung des Entwicklungsprozesses selbst. Der mit den beteiligten Fachkräften zu erarbeitende aufgabenbezogene Handlungsbedarf sollte im Verlauf eines geplanten Qualifizierungsprozesses auf verschiedenen Ebenen ansetzen:
- auf der Ebene der Praxisbegleitung als unmittelbare Entwicklung der Praxis sozialarbeiterischer Betätigung u.a. als reflektierende Fallbegleitung der ASD-Mitarbeiter/innen im Rahmen der Hilfeplanung zur Verbesserung des Fallverstehens und einer qualifizierten Risikoabschätzung, Erhöhung der Kernkompetenzen in der Biographiearbeit, Qualifizierung der Teamarbeit oder der Kooperation zu Trägern von Einrichtungen, Diensten und Angeboten,
- auf der Ebene der Leitungsqualifizierung als strategische Entwicklung von Kernkompetenzen zur Realisierung der Leitungs- und Planungsverantwortung u.a. in Form eines längerfristigeren Qualifizierungsprozesses für ASD-Leitungen zur Verbesserung von Schlüsselqualifikationen, wie z. B. in Bezug auf Personalführung, Qualitätssicherung und -entwicklung, Organisationsentwicklung, Kommunikations- und Verhandlungskompetenzen oder Öffentlichkeitsarbeit,
- auf der Ebene von Leitungsberatung als prozessbegleitende Reflexion u. a. als aufgabenbezogene Supervision und Organisationsberatung von Leitung bzw. Leitungsteams zur Qualifizierung einer perspektivorientierten und sachbezogenen Leitungs- und Führungstätigkeit unter den Prämissen Konzept-, Personal- und Strukturentwicklung,
- auf der Ebene von Organisationsentwicklung und Ressourcensteuerung als aktive Gestaltungsmomente, u.a. bezogen auf die konzeptionelle Neuausrichtung der Aufgabenerledigung im ASD unter Beachtung der notwendigen und zur Verfügung stehenden internen und externen Ressourcen sowie eines angemessenen Controllings und geeigneter Evaluationsinstrumente,
- auf der Ebene einer am Bedarf orientierten und nicht nur auf den eigenen Verantwortungsbereich bezogenen Konzeptentwicklung u. a. in Form von auf Netzwerkentwicklung ausgerichteten Begleitung, Fachberatung und Moderation von Konzeptionierungsprozessen in Verbindung mit einem ebensolchen Bezug auf Ressourcensteuerung ggf. gestaltet als kommunikativer Prozess zwischen Leistungsträgern und zu Leistungserbringern.
Was ist entwickelt worden?
Der in den Jahren 2002 bis 2006 im Land Brandenburg vollzogene Entwicklungsprozess wurde zuwendungsrechtlich als Projekt zur fachlichen Weiterentwicklung des Allgemeinen Sozialen Dienstes der Jugendämter: Qualitätsentwicklung des ASD bestimmt und mit dem Ziel der Förderung überregionaler Angebote und der gleichmäßigen Entwicklung der Jugendhilfestrukturen durch die Landeregierung Brandenburg durchgeführt.
Gespeist aus den Erfahrungen und Erkenntnissen vorangegangener im Land Brandenburg durchgeführter Projekte, wie Hilfeplanung als Prozessgestaltung (1996 bis 1998) oder Hilfe für Jugendliche in schwierigen Lebenslagen (1999 bis 2001) und im Dialog mit Fachkräften aus der Jugendhilfe Brandenburgs haben das Institut für Soziale Arbeit Oranienburg und die Start Beratungsgesellschaft Bernburg ein praxisorientiertes und Impuls gebendes Qualifizierungskonzept für den Allgemeinen Sozialen Dienst der Jugendämter erarbeitet. Beide Träger und dies ist auch ein Teil der Projektgeschichte haben sich im Januar 2003 zur Start Beratungsgesellschaft mbH zusammengeschlossen.
Das Projekt war im Wesentlichen darauf gerichtet, die notwendigen und möglichen Ressourcen zur Bewältigung der anstehenden Alltags- und Entwicklungsaufgaben zu aktivieren und ggf. zu erschließen. Mit Blick auf die allgemeinen Entwicklungserfordernisse in der sozialen Arbeit und auf den individuellen Entwicklungsbedarf vor Ort in den 14 Landkreisen und 4 kreisfreien Städten wurden durch das Projekt vier Angebotsebenen angesprochen:
- Unterstützung bei der Bestimmung der IST-Situation in den einzelnen Jugendämtern zur Ableitung des örtlichen Handlungsbedarfs und als Vorbereitung zur Entwicklung eines individuellen Konzeptes zur Projektdurchführung für das jeweilige Jugendamt,
- Unterstützung bei der Entwicklung bzw. Erarbeitung verbindlicher Handlungsorientierung für die Themenbereiche Konzeptentwicklung, Teamentwicklung, Zeitmanagement und Controlling auf der Mitarbeiter/innenebene,
- überregionale Qualifizierung der Leitungskräfte der Allgemeinen Sozialen Dienste der Jugendämter,
- Beratung und Begleitung vor Ort zu speziellen örtlichen Entwicklungsfragen bzw. -themen in den einzelnen Jugendämtern.
Ausgehend von diesen Angebotsebenen wurden modular entsprechend vier Projektbausteine projektiert:
- Durchführung von Zukunftswerkstätten,
- amtsübergreifende Mitarbeiter/innenqualifizierung zu zentralen Entwicklungsthemen,
- Prozessbegleitende Qualifizierung und Supervision der ASD-Leiter/innen zur Verbesserung der Kernkompetenzen,
- Vor-Ort-Beratung zu speziellen Entwicklungsthemen.
In zweitägigen Zukunftswerkstätten haben sich die beteiligten Jugendämter ämterübergreifend kritisch, visionär und letztlich realitätsbezogen mit der aktuellen Situation in ihren Verantwortungsbereichen auseinanderzusetzen, Ideen für ein themenorientiertes Handlungskonzept zur Qualifizierung der Arbeit im ASD zu entwickeln und realistische Umsetzungskonzepten erarbeitet.
Für die Entwicklung bzw. Erarbeitung verbindlicher Handlungsorientierung wurden in der Folge thematische Module in Form von Mitarbeiter/innenqualifizierungen angeboten. Dabei war verbindlich vereinbart worden, dass das Modul Konzeptentwicklung als Basisthema durch alle projektteilnehmenden Jugendämter belegt werden muss. Weitere Module, wie Teamentwicklung, Zeitmanagement und Controlling konnten durch die Jugendämter bedarfsgeleitet angewählt werden.
Das es bei der Qualifizierung der Mitarbeiter/innen letztlich nicht nur um intellektuelle Entwicklungsimpulse ging, sondern gerade in der sozialen Arbeit auch Haltungen gefordert sind, soll eine Äußerung, die als Fazit einer Fortbildung zur Teamentwicklung formuliert wurde, verdeutlichen.
Im Nachhinein stelle ich fest, dass diese Erfahrung in der Veranstaltung zur „Teamentwicklung” eine Erfahrung für unser … Team war, die wir nicht vergessen können und auch nicht vergessen wollen. Das Einsteigen in die Teamentwicklung war geprägt durch eigenes Erleben von Gruppensituationen. Wer nimmt welche Rolle ein? Wer setzt sich mit seiner Meinung durch? Darf ich mit meiner Meinung ausscheren? Darf ich mich verweigern? Dieses Erleben verursachte in unserer Gruppe Wut, Unverständnis, Hilflosigkeit und dennoch gab es die Erkenntnis, dass Teamentwicklung prozesshaft ist, Zeit braucht und dabei auch Gefühle gestattet und gefordert sind.
Die überregionale Qualifizierung der Leitungskräfte des Allgemeinen Sozialen Dienstes der Jugendämter erfolgte prozessbegleitend über den gesamten Projektzeitraum. Dieser Qualifizierungsprozess ist inhaltlich und in seiner Kontinuität bundesweit einzigartig. Er bot den Teilnehmern/innen neben den unmittelbaren zielgruppen- und praxisentwicklungsorientierten Themenbezügen, in diesem Sinne über die Auseinandersetzung mit Schlüsselqualifikationen, wie Berufsbild und Berufsrolle, Organisationsentwicklung, Personalführung, Management und Fallarbeit, gesetzlicher Auftrag zwischen Wächteramt und Dienstleister, Öffentlichkeitsarbeit, Finanzierung in der Jugendhilfe, auch Raum für Reflexion des gesamten Entwicklungsprozesses im Rahmen von Supervision. Durch die wechselnde Wahl der Veranstaltungsorte von Jugendamt zu Jugendamt lernten die Teilnehmer/innen mit dem Ziel eines erweiterten Erfahrungshorizontes die Arbeitsorte und die spezifischen Arbeitsbedingungen ihrer Kollegen/innen kennen. Damit verfolgte dieses Angebot insbesondere einen operativen und reflexiven Ansatz für die Qualitätsentwicklung im ASD über die gezielte und längerfristige Qualifizierung der ASD-Leitung. Die über 3.500 Qualifizierungsstunden können diesen Teil der Projektarbeit quantitativ illustrieren.
Diese Qualifizierung stand für alle Leitungskräfte des ASD offen. Ein nach den Ergebnissen der Zukunftswerkstätten durch uns vorgelegter Themenplan wurde mit den Teilnehmern/innen zu einem verbindlichen Curriculum entwickelt. Hier hat sich über die thematische Arbeit an bestimmten Schlüsselqualifikationen auch ein Prozess entwickelt, der die Teilnehmer/innen identifikationsstiftend zu einer festen Arbeitsgruppe auch über das Projekt hinaus zusammengeführt hat.
Das Angebot der Beratung und Begleitung vor Ort diente zum Einen der Unterstützung der Umsetzung der handlungsorientierten Ergebnisse aus den Mitarbeiter/innenqualifizierungen bzw. aus dem Qualifizierungsprozess der ASD-Leitungen.
Aber dieses Angebot sollte zum Zweiten auch der hohen Individualität der Entwicklungsbedarfe in den einzelnen Jugendämtern Rechnung tragen, die sich insbesondere durch die durchaus unterschiedlichsten Rahmenbedingungen vor Ort auszeichneten. Jedem Jugendamt standen hier Leistungen im Rahmen der Vor-Ort-Beratung zur Verfügung. Diese Möglichkeit der Qualifizierung wurde äußerst vielfältig genutzt, um den Kernprozess in der Arbeit des ASD, die Hilfeplanung weiterzuentwickeln. Neben methodisch-strategischen Aspekten, wie die der Einführung der Methode der kollegialen Fallberatung oder der Strategieentwicklung im Umgang mit Fällen sexueller Gewalt bei Kindern und Jugendlichen standen konzeptionelle Themen wie die Konzeptentwicklung zur familienorientierten Arbeit bei Fremdunterbringung oder Hilfe für Kinder psychisch kranker Eltern aber auch eher strukturell-konzeptionelle Themen, wie das der Aktenführung oder das der Zusammenarbeit mit den Familiengerichten auf dem Qualifizierungsprogramm der einzelnen Jugendämter.
Ein auf Landesebene arbeitender Projektbeirat hatte sich in regelmäßigen Abständen prozessbegleitend und reflektierend zusammengefunden, um sich in erster Linie informativ, austauschend und steuernd mit inhaltlichen Fragen des Projektverlaufes und der weiteren Projektentwicklung zu beschäftigen.
Was waren mit Blick auf den beschriebenen Entwicklungsprozess über die Jahre hinweg die Beschwerlichkeiten? Da gab es sicher zahllose Dinge, die im Einzelnen immer wieder die soziale Arbeit als Beziehungsarbeit oder den Arbeitsalltag in den öffentlichen Verwaltungen prägen, die Entwicklungsprozesse ob ihrer Dynamik oder Stetigkeit verzögern oder sogar verhindern. Aus dem Verständnis für die Theorie von Entwicklungsprozessen und Organisationen heraus kann jedoch eingeschätzt werden, dass hier im Land Brandenburg kaum Absonderliches geschehen ist, das der Herausstellung bedarf, geschweige denn zum Scheitern der Erreichung der Projektziele ausgereicht hätte. Dennoch zwei Dinge, die mit der Distanz von fünf Jahren aufgefallen sind.
1. Strukturell scheint sich die öffentliche Jugendhilfe im Land Brandenburg nach einigen kommunalen Neugliederungen Ende des vergangenen Jahrtausends erneut in einem Umbruch zu befinden. Das klassische Jugendamt der 90er Jahre des 20sten Jahrhunderts scheint dem Amt für Jugend und Soziales, dem Amt für Jugend, Soziales und Wohnen, dem Fachbereich für Jugend und Familie oder dem Fachbereich für Gesundheit, Jugend und Soziales zu weichen. Wenn auch Jugend in der Regel die Sprachkombinationen anführt, absorbieren die Um- und Restrukturierungen hin und wieder einen beträchtlichen Teil der Energie, die damit für die Beleuchtung anderen „Baustellen und Projektionen“ entzogen wird.
2. Auch personell gibt es eine Beobachtung mitzuteilen. Der Projektzeitraum war durch einen nennenswerten Personalwechsel auf den Ebenen der Jugendamtsleitungen und ASD-Leitungen gekennzeichnet, der fast alle Jugendämter mehr oder weniger betraf. Dies wirkt sich auf die Kontinuität einzelner Entwicklungsprozesse insofern aus, dass in den betreffenden Fällen in den laufenden Prozessen neu angesetzt werden musste und zumindest erwartet werden darf, dass die Nachhaltigkeit einzelner Entwicklungsimpulse in Bezug auf die Zielantizipation beeinträchtigt sein dürfte.
Die Landesregierung, das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat mit Sinn für Realismus über die Laufzeit und über die finanzielle Förderung dieses Projektes Raum und Zeit für eine ergebnisorientierte und nachhaltige Entwicklung in der Jugendämter möglich gemacht.
Was bedeutet in einem solchen Kontext die Förderung des Landes konkret? Über das Projekt wurden durch die Mitarbeiter/innen der Jugendämter insgesamt 268.593 Teilnehmer/innenstunden zur unmittelbaren Qualifizierung über das Projekt genutzt. Davon entfielen rund 25.000 Stunden auf Angebote der zentralen Mitarbeiter/innen-qualifizierung, 230.000 Stunden auf die Beratung und Begleitung der Jugendämter vor Ort, knapp 11.000 Stunden auf die Leitungsqualifizierung und ca. 2.000 Stunden auf die unmittelbare Projektplanung und -organisation im Kontakt mit den beteiligten Jugendämtern. Das Land hat im Rahmen des Projektes jede Teilnehmer/innenstunde mit 2,89 € gefördert. Diese Zahlen sollen verdeutlichen, dass das Land Brandenburg mit einem nennenswerten Einsatz die Qualitätsentwicklung im ASD der Jugendämter strategisch angeregt und zielgerichtet über einen längeren vorangebracht hat. Hier kann ohne zu übertreiben eine fachlich kompetente und längerfristige Politikentscheidung konstatiert werden.
Über die Projektarbeit haben sich zahllose Veränderungen und Entwicklungen von Prozessen, Strukturen und Personen vollzogen, die sich im Einzelnen gerade mit Blick auf die Haltungen der Fachkräfte sicher kaum und schon gar nicht direkt darstellen, geschweige denn messen lassen.
Was vorzeigbar ist sind zunächst die materialisierten Produkte, wie u. a. die zwei „Handbücher Qualitätsentwicklung im ASD im Land Brandenburg“ oder die zehn thematischen Rundbriefe, die landesweit für einen unmittelbaren Erkenntnis- und Ergebnistransfer gesorgt haben. Und diese Materialien wurden offenkundig nicht nur bloß zur Kenntnis genommen und abgelegt, sondern haben in einer direkten Auseinandersetzung durchaus zu kontroversen Diskussionen u.a. in Bezug auf das Thema „Qualitätsmanagement in sozialen Organisationen“ geführt.
Es darf heute festgestellt werden, dass sich die Brandenburger ASD-Leiter/innen über die Arbeit im Projekt zu einer kollegialen Gruppe zusammengefunden haben, die jederzeit für alle Teilnehmer/innen die Möglichkeit des fachlichen Austauschs und der Reflektion auch über die unmittelbare Arbeit im Projektzusammenhang hinaus bietet. Vorzeigbar ist diesbezüglich der auch in anderen Bundesländern anerkennend zur Kenntnis genommene „Leitfaden zur Wahrnehmung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung gemäß § 8a SGB VIII” der durch diese Gruppe erarbeitet wurde und zweifelsfrei als Ergebnis einer Qualitätsinitiative aus den Allgemeinen Sozialen Diensten der Brandenburger Jugendämter heraus zu bewerten ist.
Aber auch eine etwas außergewöhnliche Einladung nach Santiago de Chile zeigt, dass das Projekt „Qualitätsentwicklung im ASD“ über die Brandenburger Landesgrenze hinaus wahrgenommen wurde. Hier waren die Projektmitarbeiter/innen angefragt über Ergebnisse und Erfahrungen im Zusammenhang mit der Einführung von Qualitätsentwicklungsprozessen in der sozialen Arbeit zu berichten, um ein von der Chilenischen Regierung landesweit initiiertes Qualitätsentwicklungsprojekt qualifizierend zu beraten.
Qualitätsentwicklung im ASD als mühsam gestalteter Prozess ist kein Thema im Rampenlicht, allenfalls dann in seiner Verkehrung, wenn Kindern und Jugendlichen etwas zustößt, was vermeintlich über eine kompetentere Arbeit eben des Allgemeinen Sozialen Dienstes des Jugendamtes hätte verhindert werden können bzw. müssen. Insofern zeigt die Inanspruchnahme von Angeboten des Projektes in irgendeiner Form durch alle 18 Brandenburger Jugendämter, dass das Thema Konzept-, Personal-, Prozess- und Strukturentwicklung durch die Amtsleitungen als Thema ernsthaft wahrgenommen wurde und einen wichtigen Platz in den Entwicklungskonzepten auf örtlicher Ebene inne hat.
Wenn es in der nächsten Zeit in der Brandenburger Jugendhilfe im engeren Sinne um das Thema Kinderschutz gehen wird, dann bedeutet dies u. a. die strategische Fortführung des Qualitätsentwicklungsprozesses im Allgemeinen Sozialen Dienst des Jugendamtes. Unter der Prämisse der Akzeptanz, dass auch andere an der Erziehung, Bildung und Betreuung von jungen Menschen beteiligte Fachkräfte und Institutionen verantwortungsvoll handeln, gilt es dabei aus der Perspektive des ASD der Kooperation und Netzwerkarbeit besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
Was ist übertragbar?
Eine abschließende Frage, die nicht vorschnell mit (anerkennendem) Blick auf die Inhalte und die objektiv erreichten Ergebnisse beantwortet werden sollte.
Bei der Frage nach der Übertragbarkeit des dargestellten Entwicklungsprozesses geht es wohl eher darum, danach zu schauen, unter welchen Rahmenbedingungen dieser möglich war und zu den vorliegenden Ergebnissen geführt hat.
- Entwicklungen solcher Dimension benötigen eine landespolitische Entscheidung die längerfristige und materiell abgesicherte Prozesse ermöglicht.
- Qualitätsentwicklungen benötigen Partizipation und Kompetenz deren, die im beruflichen Alltag Veränderungen willen- und wissentlich umsetzen.
- Die konkreten Veränderungen sind in einem entsprechenden Diskurs von deren Konzipierung, über die Umsetzung bis hin zur Evaluation und Weiterentwicklung zu vollziehen.
- Die Nachhaltigkeit solcher Innovationen braucht Leitungskräfte, die mit Ideen, Kontinuität und Identifikation diese Prozesse auch über formale Projektlaufzeiten hinaus tragen.
Es geht bei der Brandenburger Debatte um „Qualitätsentwicklung im ASD“, und dies haben die Mitarbeiter/innen der Jugendämter erkannt und anerkannt, nicht um ein Mehr an Nebeneinander sondern um das Besser im Miteinander.