Kohlhaas, H.: Qualitätsentwicklung ist der Dialog der “Kundigen”

Orientierung und Qualifizierung

Wer sich um Orientierung zum Thema Qualitätsentwicklung in den Erziehungshilfen bemüht, begibt sich nach wie vor in eine bunte Landschaft von Farbtönen, Materialien und Stimmungen. Die Suche nach den für die Jugendhilfe passenden Begriffen und Verfahren ist nicht abgeschlossen. Allein der Kundenbegriff aus dem Qualitätsmanagement wird – durchaus nachvollziehbar – häufig als unpassend für Klientinnen und Klienten empfunden. Die Tonart eines Managementansatzes mischt sich nicht so einfach mit dem Klang des sozialpädagogischen und psychosozialen Feldes. Dennoch bedarf es einer sinnvollen Verständigung auf Kategorien, die Qualitätsentwicklung, Qualitätssicherung und -management ausmachen, wenn sie denn zur Anwendung kommen sollen. Es fehlt im Bereich der Jugendhilfe an klaren Positionierungen zur Einordnung von Qualitätsentwicklung und zum Einsatz von Qualitätsmanagement. Woran orientiere ich mich also? Was macht mich sachkundig? Wie qualifiziere ich mich?

Nun, der Weg in den Dschungel ist durchaus auch ein Weg aus dem Dschungel heraus. Lassen wir uns zunächst darauf ein. Wir haben eine bundesrechtliche Grundlage und darüber hinaus die landesrechtlichen Ausführungen zu den §§ 78a ff SGB VIII(1). Das SGB VIII spricht von Qualitätsentwicklung; das SGB XII und V von Qualitätssicherung. In der Fachwelt lassen sich die Begriffe von Qualitätsentwicklung, Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement nicht aus dem gemeinsamen Zusammenhang lösen. Sie werden zwar, was die Sache nicht gerade erleichtert, besonders im Jugendhilfebereich unterschiedlich interpretiert und haben verschiedene Ansatzpunkte hervorgebracht, es ist aber auch dem fachlichen Erfordernis geschuldet, dass ein Qualitätssystem ohnehin nicht nur an die jeweilige Branche, sondern auch an jede einzelne Organisation von den darin tätigen Fachkräften selbst entwickelt und angepasst werden muss. Dieses gilt für alle bekannten Systeme. Qualitätsentwicklung ist keine Wissenschaft, sondern ein Prozess der kontinuierlichen Verbesserung, Reflexion und Bewertung der unterschiedlichsten Prozesse und Ergebnisse unter Anwendung von Qualitätsmanagement –Ansätzen. Qualitätsmanagement ist ein Führungs- und Steuerungsinstrument, das nur mit einer klaren Mitarbeiterinnen-/ Mitarbeiter- und Kundinnen-/ Kundenorientierung Sinn ergibt. Wenn dieser Beteiligungsgrundsatz gelebt wird, dann sollte Qualitätsentwicklung in der Jugendhilfe vor einem „Managerismus“ geschützt sein.

 

Berliner Qualitätsentwicklung in den Erziehungshilfen

Unsere Berliner Ausführungen und Verfahren zur Qualitätsentwicklung sind nur eine Herangehensweise unter verschiedenen anderen in der Jugendhilfe. Auf der rechtlichen Basis des SGB VIII und des Berliner Rahmenvertrags (BRVJug) (2) aufbauend bedurfte es einer Umsetzung des Vertragswesens, insbesondere der Qualitätsentwicklungsvereinbarungen (3) und der im BRVJug angeführten Methode der Qualitätsdialoge. Hierbei stellte (und stellt) die Stadtstaatensituation von Berlin mit seinen 12 Bezirken / Kommunen eine besondere Herausforderung hinsichtlich eines deutlichen Kommunikations- und Kooperationsbedarfs aller an diesen Prozessen Beteiligten dar. Die Leistungserbringer in Berlin bieten ihre Leistungsangebote in der Regel überregional an und sind daher mit mehreren bezirklichen Jugendämtern und unterschiedlichen Vorgaben konfrontiert, während die Senatsjugendverwaltung in der Funktion des Landesjugendamtes die Vertragspartnerin der Leistungserbringer nach den §§ 78a ff SGB VIII ist. Insofern kommen Anforderungen des Berlin weiten Vertragswesens von der Ebene des Landesjugendamtes hinzu. Es ist daher fachlich unabdingbar, das dialogische Verfahren zur Bewertung der Ergebnisqualität in der Trias zwischen Jugendamt, Leistungserbringer und Senatsjugendverwaltung anzusetzen. Diese Anforderungen sind zur Verfahrensklarheit in einem Leitfaden für die Durchführung von Qualitätsdialogen konkretisiert.

 

Auszug aus dem Leitfaden für Qualitätsdialoge / Anlage B BRVJug(4)

Verfahren
1.                     Einladung und Vorbereitung
In der Regel lädt der Leistungserbringer ein Jahr nach Abschluss des Trägervertrags alle verantwortlichen Akteure schriftlich zum Dialog ein, sofern nicht angebotsbezogen eine andere Regelung greift. In der Einladung werden zusätzliche DialogteilnehmerInnen benannt. Die Zuständigkeit für Terminkoordination und Versand benötigter Unterlagen an die Beteiligten obliegt dem Leistungserbringer. Wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Leistungserbringer die Anforderungen zur Erbringung von Leistungen in der vereinbarten Qualität nicht oder nicht mehr erfüllt, lädt die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport schriftlich zum Dialog ein. 2.                     Ort, Häufigkeit und Form der QualitätsdialogeStationäre und teilstationäre LeistungsangeboteBei stationären und teilstationären Leistungsangeboten soll der Qualitätsdialog in der Regel einmal jährlich in der Einrichtung stattfinden. Wenn sich der Qualitätsdialog auf mehrere Leistungsangebote bezieht oder die Vernetzung und Kooperation im Sozialraum im Mittelpunkt des Dialoges stehen, kann nach Absprache der DialogpartnerInnen davon abgewichen werden.Ambulante sozialpädagogische Leistungsangebote

Bei ambulanten sozialpädagogischen Leistungsangeboten sollte der Qualitätsdialog jährlich, mindestens jedoch alle zwei Jahre, stattfinden.

Der Ort des Dialoges soll beim Leistungserbringer sein, von den DialogpartnerInnen im Vorfeld abgesprochen und von der Form und dem TeilnehmerInnenkreis abhängig gemacht werden.

Da die ambulanten Leistungsangebote ein zunehmend hohes Maß an Vernetzung im Sozialraum erreicht haben, können Dialoge im Verbund mit mehreren Trägern geführt werden. Dialoge können in diesen Fällen die Form von Fachveranstaltungen, ggf. mit externer Moderation, haben. Die Form und Methodik ist unter den DialogpartnerInnen einvernehmlich abzustimmen.

Ambulante therapeutische Leistungsangebote

  • ·                                               Ambulante psychologische Psychotherapie und Kinder- und  
  • ·                                               Jugendlichenpsychotherapie     

Da die Zugehörigkeit der PsychotherapeutInnen zur Psychotherapeutenkammer zur Qualitätsentwicklung und -sicherung nach den Kriterien der Kammer verpflichtet, ist die Durchführung von Qualitätsdialogen auf Beschwerdefälle zu reduzieren. Voraussetzung dafür ist eine Verständigung der für Jugend und Familie zuständigen Senatsverwaltung mit der Psychotherapeutenkammer über Qualitätskriterien und –standards. Eine vertraglich getroffene Selbstverpflichtung der PsychotherapeutInnen, die in der Regel Einzelpersonen sind, zur Qualitätsentwicklung und –sicherung kann den Qualitätsdialog ersetzen.

 Integrative Lerntherapie und FamilientherapieDie Dialoge für den Bereich Integrative Lerntherapie und Familientherapie sollten trägergebunden im jährlichen, mindestens jedoch im zweijährlichen Turnus geführt werden. Die Form, die Methodik und der Ort des Dialoges wird von den DialogpartnerInnen im Vorfeld abgesprochen. Dialoge mit Gruppen von Lern- oder FamilientherapeutInnen sind nach Übereinkunft möglich und können die Form von Fachveranstaltungen, ggf. mit externer Moderation, haben.

Sofern anerkannte Dachverbände der Familien- und der LerntherapeutInnen ein fundiertes Qualitätsmanagement mit transparenten Standards vorweisen, kann eine vertraglich getroffene Selbstverpflichtung zur Qualitätsentwicklung und –sicherung der jeweiligen TherapeutInnen –analog zur ambulanten psychologischen Psychotherapie- den Qualitätsdialog ersetzen.

 

3.                     Ergebnissicherung/ Dokumentation

Zur Ergebnissicherung der Qualitätsdialoge verständigen sich die DialogpartnerInnen auf die Dokumentation der Ergebnisse und Absprachen anhand eines standardisierten Dokumentationsbogens (siehe Anlage). Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung übernimmt die Ergebnissicherung im Dokumentationsbogen und legt ihn den VertragspartnerInnen innerhalb eines Monats nach dem Dialog vor. Über ergänzende Angaben verständigen sich die Beteiligten.

Qualitätsbericht (siehe auch unter Pkt. 4; Grundlagen der Qualitätsdialoge) und Dokumentationsbogen dienen der Verfahrensvereinfachung und sind Instrumente der Qualitätssicherung.

 

4.                     Umgang mit den Qualitätsentwicklungsvereinbarungen

Qualitätsdialoge orientieren sich an der Systematik und den Inhalten der Qualitätsentwicklungsvereinbarungen. Es sind die drei Qualitätsdimensionen Prozess-, Struktur- und Ergebnisqualität zu berücksichtigen, schwerpunktmäßig die ausgeführten Kern-, bzw. Schlüsselprozesse.

Die Qualitätsentwicklungsvereinbarungen werden in der Regel fortgeschrieben.

Die Dokumentationsbögen gelten als Anhang zum Trägervertrag und ersetzen die

Neufassung der Qualitätsentwicklungsvereinbarungen.

Die Qualitätsentwicklungsvereinbarungen werden dann neu verhandelt, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein Leistungserbringer die Anforderungen zur Erbringung von Leistungen in der vereinbarten Qualität nicht oder nicht mehr erfüllt.

 

Dokumentationswesen

Zu unserem Dokumentationswesen gehört ein standardisierter Dokumentationsbogen, der mit der Struktur der Qualitätsentwicklungsvereinbarung korrespondiert und nach Einführung eines standardisierten Qualitätsberichts auch auf diesen abgestimmt wurde.

Der „Leitfaden für Qualitätsdialoge“ und der „Muster-Qualitätsbericht“ wurden mit Beschluss der Vertragskommission Jugend im August 2008 Bestandteile des BRVJug und gelten damit als Berlin weite Instrumente der Qualitätsentwicklung im Vertragswesen der Hilfen zur Erziehung.

 

Fachlicher und methodischer Hintergrund

Wir haben uns bei der Entwicklung des Leitfadens und des Qualitätsberichts von den beiden sowohl ergebnisorientierten als auch ganzheitlichen Qualitätsmanagementsystemen EFQM(5) und CAF(6) leiten lassen. Das CAF-Modell seinerseits ist an das EFQM-Modell angelehnt und wurde explizit für den öffentlichen Sektor entwickelt. In der Regel benötigen alle Qualitätsmanagementsysteme für ihre Anwendung in den jeweiligen Unternehmen oder Organisationen ohnehin eine Übersetzung, um zu einer sinnvollen Anwendung zu gelangen.

Beide Qualitätsmanagementsysteme dienen der Selbstbewertung von Organisationen und basieren auf der Balance der einzelnen Aspekte und Bausteine. In den beiden genannten Modellen werden alle Bereiche und Qualitätsdimensionen einer Organisation mit unterschiedlicher Gewichtung bewertet. Die Modelle beinhalten folgende 9 Bausteine:

 EFQM   CAF
 1.      Führung
2.      Strategie
3.      Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
4.      Partnerschaften und Ressourcen
5.      Prozesse, Produkte und Dienstleistungen6.      Kundenbezogene Ergebnisse
7.      Mitarbeiterbezogene Ergebnisse
8.      Gesellschaftsbezogene Ergebnisse
9.      Schlüsselergebnisse
 1.      Die Führungsebene
2.      Organisationspolitik und –strategie
3.      Personalmanagement
4.      Externe Partnerschaften und Ressourcen
5.      Prozess- und Veränderungsmanagement
6.      Kunden-/Bürgerbezogene Resultate
7.      Mitarbeiterzufriedenheit
8.      Auswirkungen auf die Gesellschaft/ Gesellschaftliche Verantwortung
9.      Die wichtigsten Leistungsergebnisse der Organisation 


Wir haben das an Zertifizierung orientierte DIN EN ISO-System(7) nicht außer Acht gelassen, halten aber eine reine ISO-Orientierung ohne Zertifizierung für weniger Ziel führend. Handbücher geraten dabei oftmals zu Hochglanzbroschüren und die Prozesse von Reflexion und Selbstbewertungen sind in Gefahr zu kurz zu kommen. Interessanterweise führte die Überarbeitung der neuen ISO-Normen zur Integration von Elementen aus dem EFQM- Modell.


Der Muster-Qualitätsbericht

Im Trägervertrag wird zur Vorbereitung eines Qualitätsdialogs die Erstellung eines Qualitätsberichts durch den Freien Träger vereinbart, der vor einem Dialog allen Beteiligten zugegangen sein muss. Der standardisierte Bericht gliedert sich in einen Strukturteil, der alle aktuellen Daten des Trägers enthält und in einen fachlich inhaltlichen Teil. Dieser Teil ist anspruchsvoll und breit angelegt, um Anregung und Orientierung gleichermaßen zu bieten und der Unterschiedlichkeit der einzelnen Entwicklungen bei den Freien Trägern Rechnung zu tragen. Er ist eine offene Vorgabe, vermittelt aber ein fachliches Statement und eine Gesamtheit. Die Ausrichtung an den o. g. Qualitätsmanagement-Modellen ist deutlich erkennbar, siehe folgende Gliederung:

Struktur- und Prozessqualität
Wie geht der Leistungserbringer vor, um die gewünschten Ziele und Wirkungen zu erreichen und mit welchen Mitteln und Konzepten möchte er diese Ziele erreichen?1.      Leitung
2.      Konzeptions- und Angebotsentwicklung, Schwerpunkte und Methoden
3.      Mitarbeiter/innen
4.      Sozialräumliche Vernetzung, Kooperation und Ressourcen
5.      Schlüsselprozesse Ergebnisqualität:
Welche Ziele und Wirkungen will der Leistungserbringer erreichen und welche Ergebnisse hat er erreicht?

6.      Klientelbezogene Ergebnisse und Wirkungen der Hilfen
7.      Mitarbeiter/innen bezogene Ergebnisse
8.      Ergebnisse hinsichtlich sozialräumlicher Vernetzung und Kooperation
9.      Ergebnisse und Wirkungen insgesamt: Tendenzen und Perspektiven

 

Wirksamkeitsdialoge und Qualitätsdialoge nach BRVJug

Die Differenzierung der Ergebnisbereiche ist hilfreich, um unser überregionales Vertragswesen sowohl in Korrespondenz als auch in Abgrenzung zu den regionalen Auswertungsprozessen zwischen Jugendämtern und Trägern im Bereich der Ergebnisqualität betrachten zu können.

Sehen wir uns die klienten- und die klientinnenbezogenen Ergebnisse und die Wirksamkeit von Hilfen an, sind wir im Bereich der Fallebene und damit bei der Bewertung der Hilfeverläufe und der kooperativen Prozesse zwischen Jugendämtern und Trägern. Diese Auswertungsgespräche und Wirksamkeitsdialoge sind das Herzstück einer wirkungsorientierten Jugendhilfe.

„Voraussetzung (für einen Kreislauf der Qualitätsentwicklung – Anmerkung der Verfasserin) ist die Qualität des Hilfeplanungs- und Entscheidungsprozesses im Jugendamt. Es ist Aufgabe des Leistungserbringers, die in der individuellen Hilfeplanung bzw. die im Einzelfall vereinbarten Hilfeleistungen umzusetzen, weiterzuentwickeln und ihre Wirksamkeit zu gewährleisten und ständig zu überprüfen. Das Ergebnis dieser Überprüfung führt zur Bestätigung oder Veränderung der Hilfeplanung und der Leistungserbringung.“(4)

Wir finden in Berlin die regional verorteten Qualitätsentwicklungs-Aktivitäten, Auswertungen und Wirksamkeitsdialoge zwischen den Jugendämtern und Leistungserbringern vor und parallel dazu überregionale Qualitätsdialoge zwischen der Senatsverwaltung und den Leistungserbringern im Kontext des Vertragswesens des BRVJug. Dieses ist eine große Herausforderung an die Kooperationsqualität und an die kommunikativen Kompetenzen der Akteure. Diese Prozesse und Verfahren erfordern ein hohes Maß an Transparenz, Qualifikation und gutem Willen aller Beteiligten.

Während die Wirksamkeitsdialoge vornehmlich die Bewertung der Hilfeplanung und Leistungserbringung fokussieren, werden darüber hinaus in den Qualitätsdialogen des Vertragswesens die normativen und strukturellen Bereiche der Träger und der Leistungserbringung thematisiert, z. B. Schwerpunkte, wie

  • Leitung, Entscheidungsstrukturen, Leitbildentwicklung
  • Konzeptqualität, Aktualität und Aussagekraft von Organigrammen und Konzeptionen
  • Qualifikationen der Fachkräfte, Zusatzqualifikationen, Personalfluktuation, Festanstellungs-Honorar-Arbeitsverhältnisse
  • Kinderschutz, erweiterte Führungszeugnisse, Kriseninterventionskonzepte
  • Externe Supervision, Fortbildung, Qualitätsentwicklung
  • Sozialraumorientierung, Vernetzung, Kooperationen
  • Ergebnisprozesse: Werden Ergebnisse systematisch gemessen und wie sind die Tendenzen und die Soll-Ist-Verhältnisse?

 

Kontinuierliche Qualitätsentwicklung

Inzwischen werden regelmäßig zwischen den Freien Trägern, den bezirklichen Jugendämtern und der Senatsjugendverwaltung Qualitätsdialoge gemäß der Qualitätsentwicklungsvereinbarung und dem BRVJug durchgeführt. Seit Einführung der im Leitfaden für Qualitätsdialoge beschriebenen Verfahren konnten verschiedene Möglichkeiten von Qualitätsdialogen erprobt werden. Unter Nutzung dieses Spektrums von verschiedenen Settings und Konstellationen wurden wichtige Erfahrungen gesammelt. Diese Entwicklungen und Dialoge lohnt es weiterzuverfolgen. Bei den Beteiligten entsteht in der Regel eine gemeinsame Lernbereitschaft, Orientierung in den landesgesetzlichen Jugendhilfe-Strukturen in Berlin und ein systematischer Austausch über die Praxis der Leistungserbringung.

Neben den einzelnen Qualitätsdialogen zwischen einem Freien Träger, dem Jugendamt und der Senatsverwaltung konnten überdies Erfahrungen mit Gruppen-Dialogen zu einem speziellen Leistungsangebot oder auch Gruppen-Dialoge mit Fach- oder Trägergemeinschaften gesammelt werden. Für das Jahr 2011 sind verschiedene dieser Dialoge in größerem Rahmen geplant. Die Vorbereitungen dazu versprechen schon jetzt gute Lernerfahrungen und gelebte Qualitätsentwicklung.

Gemeinsame Fachtagungen zur Qualitätsentwicklung verschiedener Leistungsangebote aus den Hilfen zur Erziehung, an denen sowohl Leistungserbringer als auch bezirkliche Jugendämter teilgenommen haben, zeigten einen deutlichen Wunsch nach Weiterentwicklung der Kooperation und Transparenz der vielfältigen Aktivitäten, insbesondere aber nach Berlin weit abgestimmten Verfahren, Methoden und Maßstäben für die Bewertung der Qualität der Ergebnisse und Wirkungen von Erziehungshilfen.

Die Fachkompetenzen in Qualitätsfragen sind aufgrund verschiedener Herangehensweisen, Umsetzungskonzepte und –intensitäten sehr unterschiedlich ausgeprägt. Eine Qualifizierung der verantwortlichen Fach- oder Leitungskräfte im Bereich Bewertungskompetenzen und Qualitätssicherung ist erforderlich, um die Qualität in den Erziehungshilfen nach heutigen Standards zu gewährleisten und weiter zu entwickeln. Entwicklungsbedarf besteht ferner in der Qualifizierung von Mess- und Auswertungsverfahren der Hilfeplanungsprozesse. Das Ziel von Qualitätsentwicklung sollte sein, in einen systematischen Kreislauf von Planung, Messung und Überprüfbarkeit einzutreten.

 

Schlusswort

Eine kontinuierliche Qualifizierung und Weiterentwicklung beinhaltet auch Phasen von Konsolidierung und Innehalten. Die enorme Veränderungsdynamik der Jugendhilfestrukturen im letzten Jahrzehnt hat bei vielen Akteurinnen und Akteuren zu Kraft- und Motivationsverlust geführt. Umso wichtiger ist es jetzt, bei der Qualitätsentwicklung auf eine Balance von Qualifizierung und Konsolidierung zu achten. Gerade weil Jugendhilfe unter einem großen Kostendruck steht, ist es erforderlich, sich gut aufzustellen und, um mit meinem eingangs benutzen Bild der Tonlagen zu sprechen, den Klang des sozialpädagogischen und psychosozialen Feldes stetig zu verfeinern.

 

Fußnoten:

(1)  Achtes Sozialgesetzbuch, SGB VIII, Dritter Abschnitt: Vereinbarungen über Leistungsangebote, Entgelte und Qualitätsentwicklung

(2)  Berliner Rahmenvertrag für Hilfen in Einrichtungen und durch Dienste der Kinder- und Jugendhilfe; der Text ist unter folgender Internet-Adresse zu finden: www.berlin.de/sen/jugend/rechtsvorschriften

(3)  Vgl. Anlage A BRVJug

(4)  Vgl. Anlage B BRVJug

(5)  European Foundation for Quality Management

(6)  Common Assessment Framework

(7)  DIN (Deutsche Norm) EN (Europäische Norm ISO (Internationale Norm)

 

Heidrun Kohlhaas ist Mitarbeiterin der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung von Berlin im Referat Erziehungshilfen und Verträge und mit dem Schwerpunkt Qualitätsentwicklung betraut.