(Pressemeldung der Hamburger Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz vom 12.06.2008)
Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder haben auf dem heute stattfindenden 2. Kinderschutzgipfel wichtige Beschlüsse zur Verbesserung des Kinderschutzes in Deutschland gefasst.
Seit Januar dieses Jahres haben Bund und Länder in drei Arbeitsgruppen an der Umsetzung der Aufträge des 1. Kinderschutzgipfels der Kanzlerin und der Ministerpräsidenten der Länder vom Dezember 2007 gearbeitet. Hamburg hat in allen drei Arbeitsgruppen bedeutend mitgewirkt. Maßgebliche Grundlage dabei war das Handlungskonzept „Hamburg schützt seine Kinder“.
„Die heute gefassten Beschlüsse sind ein großer Fortschritt für den Kinderschutz in Deutschland, aber auch als Erfolg für Hamburg zu werten. Hamburg hat durch seine federführende Rolle beim Kinderschutz maßgeblich Einfluss auf die Ergebnisse genommen, die nun zu einem verbesserten Kinderschutz in ganz Deutschland führen werden“, sagt Hamburgs Sozial- und Familiensenator Dietrich Wersich.
Senator Wersich hatte seine Kollegen aus den anderen Ländern am 30. Mai 2008 anlässlich der Jugend- und Familienministerkonferenz über die Vorschläge von Bund und Ländern für den 2. Kinderschutzgipfel informiert.
Einige Verbesserungen, für die insbesondere Hamburg seit Jahren unter anderem mit Bundesratsentschließungen gekämpft hatte, sind bereits in der Umsetzung. So wurde mit Wirkung vom 16. April 2008 die eindeutige Feststellung, dass der untersuchende Arzt bei erkennbaren Zeichen einer Kindesvernachlässigung oder -misshandlung die notwendigen Schritte einzuleiten hat, in die Kinderrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses aufgenommen. Derzeit wird ein entsprechender Katalog erarbeitet, um die Vorsorgeuntersuchungen auf diese Weise besser und engmaschiger zu gestalten.
Auch wurde der Entwurf eines Kinderförderungsgesetzes zum Krippenausbau von der Bundesregierung beschlossen, er soll spätestens zum 1. Januar 2009 in Kraft treten.
Ferner wird das Wächteramt der Familiengerichte und Jugendämter gestärkt, indem Familiengerichte zum Schutz gefährdeter Kinder frühzeitig tätig und die Eltern stärker als bisher zur Wahrnehmung ihrer Elternverantwortung angehalten werden können.
Heute nun sind die Bundeskanzlerin und die Regierungschefs der Länder übereingekommen, dass weiterhin folgende Maßnahmen für einen wirksamen Kinderschutz zügig umgesetzt werden:
- Bei Vorliegen gewichtiger Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung muss das Jugendamt die Pflicht wahrnehmen, das gefährdete Kind und in der Regel auch dessen persönliches Umfeld in Augenschein zu nehmen, um sich einen unmittelbaren Eindruck von Kind und Eltern zu verschaffen. Dies soll durch eine Novellierung des § 8a SGB VIII gewährleistet werden.
- Schweigepflicht und Kinderschutz: Bei der Abwägung der Schweigepflicht von Berufsgeheimnisträgern (z.B. Ärzten) mit dem Kinderschutz soll eine bundeseinheitliche Rechtslage außerhalb des Strafrechts geschaffen werden. Zudem soll das Bundeszentralregistergesetz mit dem Ziel geändert werden, ein mit Blick auf den Kinder- und Jugendschutz „erweitertes Führungszeugnis“ für kinder- und jugendnah Beschäftigte einzuführen. Im Kinder- und Jugendhilfegesetz soll weiterhin geregelt werden, dass beim Wohnortwechsel dem neuen Jugendamt alle für die Kinder- und Jugendhilfe notwendigen Informationen über eine Familie vermittelt werden. Staatsanwaltschaften und Strafgerichte sollen bestehende Übermittlungsregelungen an das Jugendamt oder andere öffentliche Stellen bei einer Kindeswohlgefährdung verstärkt nutzen.
- Die Krankenkassen sollen verpflichtet werden, in Zusammenarbeit mit den Ländern auf eine Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen hinzuwirken. Dazu sollen zwischen den Krankenkassen und den Ländern entsprechende Rahmenvereinbarungen geschlossen werden.
- Die Zusammenarbeit zwischen Gerichten und Jugendämtern soll verbessert werden. Hierzu wird geprüft, ob und gegebenenfalls welche gesetzgeberischen Maßnahmen zur Förderung einer reibungslosen Zusammenarbeit der Familiengerichte mit den Jugendämtern erforderlich sind.
- Bund und Länder streben eine stärkere Vernetzung regelhafter sozialer Frühwarn- und Fördersysteme an, wobei niedrigschwelligen, aufsuchenden Hilfen eine besondere Bedeutung zukommt. Um Defizite im Kinderschutz zu identifizieren und aus problematischen Kinderschutzverläufen zu lernen, wird das Nationale Zentrum Frühe Hilfen in Abstimmung mit Bund und Ländern eine Plattform für einen regelhaften Erfahrungsaustausch einrichten.
Sozial- und Familiensenator Dietrich Wersich: „Die jetzt gefassten Beschlüsse insbesondere zu bundesrechtlichen Änderungen sind ein Meilenstein hin zu einem noch besser funktionierenden System, damit Kinder, bei denen eine Gefährdungssituation vorliegt, nicht durchs Raster fallen können. Alle müssen hinschauen und alle müssen dabei mitwirken.“